Full-House bei der Frühjahrsregatta mit angeschlossener Bootstaufe. Wie schon bei der Einweihung des umgebauten Clubhauses drei Tage zuvor, waren erneut zwischen 80 und 100 SCR’ler und Gäste erschienen, um gleich das nächste Highlight der noch jungen Saison gebührend zu feiern: Ein neues Clubmitglied!
Wir sehen doppelt
Wer sich am Samstag, den 04. Mai 2024 auf dem Clubgelände umschaute, musste zweimal hinsehen und sah doppelt. Und das lag nicht etwa am Rieslingsekt, den es zu Beginn auf der neuen Clubhausterasse gegeben hatte (hoffen wir zumindest…). Denn während gleich am Eingang zum Steg stolz und unter ihren geheißten (jedoch noch windleeren) Rennsegeln eine glänzende J/70 auf ihrem Trailer thronte, bot sich ein ähnliches Bild direkt dahinter an ersten Stegplatz im Wasser. Der Kenner erkennt es und reibt sich verwundert die Augen. Das ist auch eine J/70, die im Wasser glänzt! Eine Spiegelung? Doch zu viel Riesling im Glas…?
Nein, diese hier trägt anstelle des Segelkleids eine bunte Beflaggung über Topp. Wie es scheint, hat „Hot Chick“ Gesellschaft bekommen — in Form einer zu diesem Zeitpunkt noch namenlosen Schwester. Das sollte sich jedoch bald ändern.
Nach einer Begrüßung durch den Vorsitzenden des SCR, Alexander Cross und Grußworten des Bürgermeister der Gemeinde Walluf, Nikolaos Stavridis, sowie des Präsidenten des Hessischen Seglerverbandes, Klaus-Dieter Lachmann, kam es zur lang ersehnten Zeremonie vor dicht gedrängten Publikum auf Steg und Ufer (da konnte „Hot Chick“ im Hintergrund auf dem Trailer im vollen Tuch einen Balztanz aufführen wie sie wollte, alle Augen lagen auf der Neuen).
Irmgard Luh, langjähriges Clubmitglied griff feierlich zum Silberbecher, begoss die nun zweite J/70 im Club mit Rheingauer Rieslingsekt und taufte sie auf den Namen…. „WILDSAU“. (Die Wallufer Weinlage lässt grüßen). Falco Braun als neuer Teamchef für die angestrebte Qualifikation zur Segel-Bundesliga hatte zuvor noch einmal ausführlich über den Einsatzzweck als Trainingsboot hierfür berichtet (demnächst hier mehr dazu).
Wir „racen“ doppelt
Direkt im Anschluss konnte die Neue dann zeigen, was sie drauf hat (und ob “Hot chick” wirklich Angst um Ihre Vormachtstelllung haben muss). Jedoch nicht ohne eine erste Verzögerung, denn schon bei der folgenden Begrüßung der Regattateilnehmer durch Wettfahrtleiter Uli Rosskopf verschob dieser den Start gleich einmal um eine Stunde. Mehr Wind am Nachmittag, so die Prognose. Oder war da doch schon ein erstes taktisches Geplänkel zwischen den beiden Kontrahentinnen im Hintergrund am Laufen…? Den restlichen Teilnehmern war’s egal, sie ließen erst mal den in diesem Frühjahr obligatorischen Regenschauer über sich und ihre Boote ergehen, bevor es dann um 14:00 ernst wurde — mit dem Fun, versteht sich!
In diesem Jahr machte die Fun-Regatta den Anfang, als Streckenfahrt zu Tal, vom Startboot in Walluf bis zum Ziel in Höhe des Stegs des Eltviller Rudervereins. Im Gegensatz zu den regulären Wettfahrten war hier ab dem Startsignal das Startfenster für 10 Minuten offen, d.h. alle Boote konnten innerhalb dieses Zeitraums individuell starten, die jeweilige Startzeit wurde festgehalten. Das „Race“ entpuppte sich als Leichtwind-Geduldsspiel, bei dem es auf jeden Millimeter Schot-Stellung ankam. Am Ende gewann nach verrechneter Zeit Wolfgang Rossau auf dem H-Boot “Engelchen” (es hatte offensichtlich Flügel).
Gelegenheit zum Feiern gab es jedoch kaum, mussten doch alle Boote schnell (unter Motor oder im Schlepp) wieder rheinaufwärts zum Start der „großen” Wettfahrt. Während die Flotte noch unterwegs war, zerbrachen sich Regattaleitung und Helfer den Kopf: würde der Wind für eine Rundenfahrt reichen?
Gerade jetzt briste es auf, Und flog dort hinten vor dem Wallufer Ufer nicht eine Shark gerade spielend leicht zu Berg? Nein, das war noch der Motor, aber die Entscheidung gegen eine Talfahrt war zu dem Zeitpunkt schon gefallen. Und direkt mit dem Start zur Rundenfahrt, begann es abzuflauen. Nicht schwach genug, als dass nicht einige noch ausreichend Wind gehabt hätten, aber auch nicht stark genug für viele andere…
Doppelt oder Einfach?
Der Plan sah vor, das die schnellere Gruppe mit Yardstick <100) zwei Runden segeln sollte, während die Boote mit Yardstick >100 nur eine Runden um die Tonnen zu absolvieren hatten. Herausforderung für viele war es aber, gegen den schwachen Ostwind überhaupt zur Startlinie und Luvtonne aufkreuzen zu können.
Während „Firlefanz“ als Führender nach gesegelter Zeit schon ansetzte, die Startlinie zur zweiten Runde zu überqueren, schaffte es der zweite Starter aus der vermeintlich langsamen Gruppe gerade noch vorher die Startlinie zu überqueren. („Na gut, wenn man nur eine Runde zu absolvieren hat, ist man doch gerade schneller als der, der noch nicht zu seiner zweiten angesetzt hat…”)
Aber spätestens hier wurde es für Gruppe zwei sehr zäh. Der Weg zur bergwärts liegenden Wendemarke wurde länger und länger. Es wurde hart getrimmt und gesteuert, taktisch geplant, auf welchem Kurs am wenigsten Abdeckung vom Budenheimer Ufer zu erwarten sein würde und die Waserrfläche bis an den äußersten Rand des Leitwerks ausgenutzt. Jedoch: Selbst ein Überholen der Tonne weit jenseits ihrer Höhe reichte nicht für einen Kreuzschlag, um noch im richtigen Winkel zur Bahnmarkierung im Windschatten zu gelangen. So kreuzten mit Regatta-Ende eine Stunde nach Zieleinlauf des Führenden immer noch einige Unentwegte auf ihrem Weg zur Luvtonne. (“Hatte der Regattaleiter nicht doch schon nach 55 Minuten abgepfiffen?”)
Egal – schönes Segeln wars trotzdem.
In Summe waren 19 Boote am Start und gewonnen hat in Startgruppe 1 Franz Schollmayer auf der Corsa 915 „Firlefanz“ und in Startgruppe 2 Thomas Böhm mit der Seaspape 24 „Crabic“, bei hier zwei ins Ziel gekommenen Booten und zwei weiteren, die parallel noch die Startlinie zu erreichten versuchten. (Respekt für’s Durchhaltevermögen!)
Und die doppelten Racer?
„Hot Chick“ war schneller und hat für’s erste ihre Vormachtstellung behalten, während „Wildsau“ sich offensichtlich noch an das Revier gewöhnen muss. Aber ob das immer so bleibt? Es war jedenfalls genug Stoff für mehr als einen Schnack bei der Abendveranstaltung für Teilnehmer, Freunde und Gäste, die nach der Siegerehrung mit Livemusik von „Jazz Track“ kurzweilig begleitet wurde. Und auch hier wurde gedoppelt — weil die von Jürgen Möller geleitete Combo im vergangen Jahr so begeistert hatte, durfte sie dieses Jahr zum wiederholten Male spielen.
In Summe also ein mehr als doppelt gelungener Tag!